Gedenken und Mahnung: Volkstrauertagsrede 2024
Am Volkstrauertag 2024 hielten Schülerinnen und Schüler der 12. Klasse des Lessing-Gymnasiums Neu-Ulm eine eindrucksvolle Rede bei der zentralen Gedenkveranstaltung der Stadt Neu-Ulm auf dem Schwal. Miriam Mursalieva, Boris Stevanovic, Hasan Aksoy, Aurelia Weinberger, Lamitta Hazko, Lisa Muzyka, Kateryna Tkach, Ina Lichtblau und Kira Neumann erinnerten an die Bedeutung von Menschenrechten und Demokratie und zogen eindrucksvolle Parallelen zwischen historischen Schicksalen und den Artikeln des Grundgesetzes.
In ihrem Vortrag stellten sie die Frage: „Was ist, wenn Bücher brennen, Menschen ermordet oder grundlegende Rechte geraubt werden?“ Diese Gedanken leiteten über zum Kern ihrer Botschaft: die Wahrung der Menschenwürde, die in Artikel 1 des Grundgesetzes als unantastbar festgeschrieben ist. Mit Blick auf 75 Jahre Grundgesetz betonten sie, dass diese Errungenschaften keine Selbstverständlichkeit sind und wachsam geschützt werden müssen.
Anhand von drei Biografien verdeutlichten sie, wie schnell Grundrechte in Diktaturen ausgehebelt werden können:
Die Geschwister Scholl (Artikel 5: Meinungsfreiheit): Hans und Sophie Scholl wuchsen in Ulm auf und begannen früh, sich kritisch mit der Ideologie des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. Ihr Widerstand gipfelte in der Verbreitung von Flugblättern als Teil der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“. Am 18. Februar 1943 wurden sie beim Verteilen des sechsten Flugblattes entdeckt, verhaftet und nur vier Tage später im Alter von 24 und 22 Jahren hingerichtet. Ihr Mut steht stellvertretend für den Kampf um Meinungsfreiheit.
Anna Klein (Artikel 3: Gleichheit vor dem Gesetz): Die Künstlerin und Mitglied der Dachauer Künstlerkolonie wurde aufgrund ihrer jüdischen Abstammung verfolgt. Ihr Werk wurde als „entartete Kunst“ diffamiert und sie durfte weder ausstellen noch ihre Malschule betreiben. Nach zunehmender Diskriminierung wurde sie 1941 in das Ghetto von Kowno deportiert und dort erschossen. Ihr Schicksal verdeutlicht die brutale Entrechtung und Verfolgung unter den Rassengesetzen des NS-Regimes.
Dietrich Bonhoeffer (Artikel 4: Glaubens- und Gewissensfreiheit): Der evangelische Theologe widersetzte sich aktiv der Gleichschaltung der Kirche durch die Nationalsozialisten und engagierte sich in der Bekennenden Kirche. Seine internationale Vernetzung im Kampf gegen das NS-Regime führte zu seiner Verhaftung 1943. Zwei Jahre später wurde er im KZ Flossenbürg auf Hitlers Befehl hingerichtet. Bonhoeffer ist ein mahnendes Beispiel für die Bedeutung der Gewissensfreiheit.
Die Schülerinnen und Schüler betonten, dass diese historischen Schicksale nicht nur der Erinnerung dienen, sondern auch als Auftrag für die Gegenwart zu verstehen sind.
Abschließend riefen sie dazu auf, die Werte der Demokratie, der Menschenrechte und des Friedens aktiv zu schützen, besonders in einer Zeit, in der diese weltweit erneut bedroht sind. „Die Erinnerung an die Opfer der Kriege und der Gewaltherrschaft ist nicht nur ein Blick zurück, sondern ein Auftrag für eine gerechte, friedliche Zukunft.“
Dieser bewegende Beitrag der Jugendlichen zeigt, wie wichtig es ist, die Verantwortung für Frieden und Freiheit an die nächste Generation weiterzugeben.
Betreut wurde der Beitrag von den Geschichtslehrkräften Thomas Hofbrückl, Thomas Kirschner und Stefan Baisch.
Stefan Baisch